5 berühmte Dolmetscher aus der Geschichte

Wenn Weltgeschichte geschrieben wird, sitzen nicht nur Politiker am Verhandlungstisch. Dolmetscher leisten oft einen unschätzbaren Beitrag bei internationalen Verhandlungen und Abkommen. Immer, wenn in der Geschichte Vertreter unterschiedlicher Kulturen und Sprachen aufeinander getroffen sind, war die Hilfe von Dolmetschern gefragt.

Hier sind 5 berühmte Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die Geschichte geschrieben haben:

Thomas Pereira (1645–1708) und Jean-Francois Gerbillon (1654–1707): Vermittler zwischen Russland und China

Im 17. Jahrhundert wurden die Beziehungen zwischen Europa und China immer intensiver. Besonders die Jesuiten, sehr gebildete Mitglieder eines katholischen Ordens, waren wichtige Vermittler zwischen West und Ost. Denn sie hatten umfangreiche Kenntnisse in verschiedenen Natur- und Sprachwissenschaften.

Die Sprachkenntnisse der Jesuiten wurden bald dringend benötigt. Denn im Norden Chinas übertraten russische Kosaken immer wieder die Grenze auf der Suche nach Fellen. Das führte zu militärischen Auseinandersetzungen mit den chinesischen Grenztruppen.

Der chinesische Kangxi Kaiser (1654–1722) bat daraufhin 1689 den portugiesischen Jesuiten Thomas Pereira und den Franzosen Jean-Francois Gerbillon um Hilfe bei den Verhandlungen zwischen China und Russland. Die Jesuiten nutzten dabei Latein als Relaisprache, um zwischen Russisch und Chinesisch zu dolmetschen.

Thomas Pereira und Jean-Francois Gerbillon trugen durch ihre Dolmetscherarbeit dazu bei, dass Russen und Chinesen sich auf ein Abkommen einigen konnten. Das bahnbrechende Ergebnis der Verhandlungen, der Vertrag von Nertschinsk, war der erste Friedensvertrag, den jemals ein chinesischer Kaiser mit einer anderen Nation schloss!

Sacajawea (1788–1812): Dolmetscherin für Lewis und Clark

Die Indianerin Sacajawea wurde im Alter von nur 10 Jahren entführt und von den Hidatsa-Indianern als Sklavin an einen französisch-kanadischer Pelztierjäger namens Toussaint Charbonneau verkauft. Charbonneau machte sie zu seiner Frau.

Im Winter 1804/05 war Sacajawea gerade mit ihrem ersten Kind schwanger, als plötzlich die Weltgeschichte in From von Meriwether Lewis und William Clark an die Türe ihres beschaulichen Heimes klopfte.

Lewis und Clark waren die Leiter einer Expedition, die auf persönlichen Auftrag des amerikanischen Präsidenten Thomas Jefferson das 1803 von Napoleon gekaufte Louisiana erkunden sollten. Das erworbene Land war gigantisch, es umfasste die komplette Mitte des Kontinents – von den Rocky Mountains im Westen bis zum Mississippi im Osten.

Für ihr Unternehmen benötigten Lewis und Clark dringend sprachkundige Mitreisende. Deshalb engagierten sie Sacajawea und ihren Mann als Dolmetscher. Sacajawea leistete als Dolmetscherin und Kundschafterin der Expedition hervorragende Arbeit. Auch bei der Bestimmung unbekannter Pflanzen konnte sie Lewis und Clark immer wieder helfen.

Dank der Teilnahme von Sacajawea und ihres Sohnes an der Expedition blieb man sogar von Angriffen verschont. Denn die Indianer nahmen nie Frauen oder Kinder auf Kriegszüge mit – und hielten deshalb den Expeditionstrupp für ein friedliches Unternehmen.

Jerry Potts (1840–1896): Büffeljäger, Krieger und Dolmetscher

Bereits als Kind lernte Jerry Potts die Sprachen und die Kultur der Indianer, die in Montana lebten. Er selbst hatte ebenfalls indianisches Blut, denn er war der Sohn eines schottischen Fellhändlers und einer Frau aus der First Nation der Kainai. Die Sprachkenntnisse von Jerry Potts waren beeindruckend: Er konnte die Sprachen der Blackfoot, der Crow, der Lakota-Sioux, der Cree, der Algonkin und der Assiniboine.

Jerry Potts hatte zudem eine für jeden Dolmetscher wichtige Fähigkeit: Dank seines Wissens um die Kultur der Indianer wie der Weißen konnte er sich beim Dolmetschen jederzeit an die kulturellen und gesellschaftlichen Normen und Erwartungen seiner Gesprächspartner anpassen.

Die oft sehr wortreichen Ausführung von Indianerhäuptlingen waren traditionelle Zeichen von Höflichkeit – doch Potts kürzte sie beim Übersetzen auf wenige Sätze herunter, um sie für die amerikanischen Verhandlungspartner leichter verdaubar zu machen.

Sarah Winnemucca (1844–1891): Mittlerin zwischen den Kulturen

Sarah Winnemucca gehörte zum Volk der Paiute Indianer und wurde in Nevada als Kind einer sehr einflussreichen Familie geboren. Besonders ihrem Vater lagen freundschaftliche Beziehungen zu den weißen Siedlern am Herzen. Auch deshalb schickte er seine Tochter auf eine katholische Schule in Kalifornien.

Sarah Winnemucca war eine resolute Verfechterin der Indianerrechte und kämpfte ihr ganzes Leben für die Gleichberechtigung der amerikanischen Ureinwohner. Sie reiste durch das ganze Land und hielt Vorträge, um die Menschen von ihren Forderungen zu überzeugen. Sogar mit Präsident Hayes sprach sie persönlich.

Ihre Sprachkenntnisse nutzte sie, um bei Verhandlungen zwischen Indianerstämmen und den amerikanischen Streitkräften zu dolmetschen. Im Malheur Reservat unterstützte sie als Dolmetscherin den Indianeragent Samuel B. Parrish, der den Paiute half, neue Pflanzen anzubauen. Sarah Winnemucca arbeitete auch als Lehrerin an der Schule des Reservats.

Walentin Bereschkow (1916–1998): Persönlicher Dolmetscher von Joseph Stalin

In seiner Kindheit las Walentin Bereschkow so viele Märchen der Gebrüder Grimm und Romane von Karl May, dass Deutsch (nach seiner eigenen Aussage) zu seiner zweiten Muttersprache wurde. Neben seinem Ingenieurstudium legte er deshalb auch ein Dolmetscherdiplom für Russisch, Deutsch und Englisch ab.

Im Jahr 1939 wurde er schließlich als Dolmetscher in den Staatsdienst aufgenommen. Dabei war er vor allem für die deutsch-sowjetischen Wirtschaftsbeziehungen zuständig und arbeitete in der sowjetischen Botschaft in Berlin.

Walentin Bereschkow hat als Dolmetscher für sehr wichtige politische Führer fungiert. So dolmetschte er unter anderem bei den Gesprächen zwischen Josef Stalin und Wjatscheslaw Molotow mit Adolf Hitler und Joachim von Ribbentrop. Auch Winston Churchill und den amerikanischen Präsidenten Roosevelt hat Bereschkow persönlich getroffen.

Aufgrund seiner hervorragenden Leistungen als Dolmetscher stieg Walentin Bereschkow während des Zweiten Weltkriegs schließlich sogar zu Stalins persönlichem Dolmetscher auf. In dieser Funktion begleitete er Stalin auf zahlreiche internationale Verhandlungen.